Nachtfalter (Heterocera) stellen aufgrund der engen Lebensraumbindung von Raupe und Imago, der Ausbildung von Charakterarten für alle Biotoptypen, der standardisierten Nachweismethoden, der guten Bestimmbarkeit und der Spezialisierung insgesamt einen besonders guten Indikator für die Biodiversität, also somit auch für die Qualität eines Biotops dar und sind ein wichtiges Glied in der Nahrungskette.

 

Es gibt über 3400 Arten, davon über 1000 Großschmetterlinge und mehr als 2000 Arten Kleinschmetterlinge, im Vergleich dazu die Tagfalter mit ca. 140 Arten, (Deutschland. Österreich und Schweiz) und 44 Arten südlich der Alpen. Es gibt nachtaktive, tag- und nachtaktive sowie tagaktive Nachtfalterarten ( z.B.  Widderchen, Taubenschwänzchen). Im Gegensatz zu den Tagfaltern, die leicht keulenförmig verdickte Fühlerspitzen haben, sind die Fühler der Nachtfalter am Ende nicht verdickt und häufig gefiedert. Lediglich die Widderchen haben unter den Nicht-Tagfaltern auch keulenförmig verdickte Fühlerspitzen.

 

Nachtfalter sind an bestimmte Zeiten gebunden und damit hat man nur ein begrenztes Zeitfenster, in denen man bestimmte Falter suchen muss. Daher macht eine komplette Erhebung über mehrere Monate Sinn, damit man auch wirklich alle Arten erheben kann.

 

Ob Feuchtgebiet, Halbtrockenrasen, Steinbrüche und Wald – jedes Gebiet hat seine spezifischen Arten und ist auch an diese gebunden. Deshalb ist es wichtig, diese typischen Landschaftszonen zu erhalten, sonst verschwinden diese Arten unwiderbringlich. Gerade in unserer rheinhessischen Landschaft, die geprägt ist durch Wein- und Ackerbau, sind solche Biotope  selten und somit unbedingt zu schützen und zu erhalten. .

 

Nachtfalter haben große Bedeutung für die Bestäubungsleistung und die Nahrungskette. Nicht umsonst werden die Nachtfalter auch als die „Bienen der Nacht“ bezeichnet. Die Hauptbestäubung geht nicht, wie viele meinen, von den Bienen und Tagschmetterlingen aus, sondern von den Nachtfaltern. Auch dienen die Falter und Raupen, bei der Vielzahl der Nachtfalterarten in bedeutender Höhe, als Nahrungsquelle für Vögel und Fledermäuse.

Die Kartierungen und Erhebungen von Heterocera ist aufwendig und bislang finden diese selten Eingang in Pflegepläne, da andere Tier- und Pflanzengruppen im Fokus stehen. Langsam findet aber hier ein Umdenken statt. Für einzelne Arten wurden bereits Schutzprogramme auf deutscher und europäischer Ebene ins Leben gerufen. Es handelt sich dabei vor allem um Nahrungsspezialisten, die auf einzelne Pflanzen angewiesen und für die sich wiederum aufgrund Flächenversieglung, Pestizideinsatz oder Monokulturen die Lebensräume verengen. Schutzmassnahmen für Insekten bzw. Nachtfalter im engeren Sinne sind deshalb auch immer Erhalt, Renaturierung oder Schutz von Lebensräumen wie z.B. Trockenrasen, Auenlandschaften etc.

 

Ein nicht zu unterschätzender Aspekt bei den Nachtfaltererhebungen ist aber auch die systematische Nutzung und die Validität der erhobenen Daten, denn vor dem Hintergrund immer weniger vorhandenen ausreichenden Datenmengen ist jede Sichtung/Erhebung wichtig. Somit erhält man einen Überblick über die Verbreitung der Arten, Auswirkungen des Klimawandels und Vorkommen invasiver Arten (z.B. Baumwollkapseleule, Punktbär). Auch dienen die Erhebungen als Grundlage für die Erstellung der Roten Liste RLP und D. Unsere Ergebnisse fließen über die Plattformen Insecta und Observation.org ein.

Die Kartierung von Heterocera ist sehr aufwendig und zeitintensiv. Mit Leuchttürmen (Lichtfang), Köder und Pheremonen lassen sich die unterschiedlichen Arten nachweisen. Dabei geht ein Leuchtabend über Stunden, im Sommer, bei späterem Sonnenuntergang, geht so ein Leuchtabend auch bis spät in die Nacht. Unsere Erhebungen schließen alle Phasen der Metamorphosen (Eier, Raupen usw. ) mit ein.

Dieser ganze Aufwand macht aber nur Sinn, wenn die Ergebnisse und das Gutachten auch gehört und umgesetzt werden.  Dies bedeutet, dass die Pflegepläne für das Biotope angepasst werden durch Berücksichtigung des Entwicklungszyklus einzelner Arten in Form von späterer Mahd der Wiesen oder durch Rotation der „stehenbleibenden“ Wiesenflächen, Schutzmaßnahmen zum Erhalt besonderer Futterpflanzen usw. – also nicht in der Schublade verschwinden